„Ich bin ein reflektierter Mensch.“
„Das war unreflektiert.“
„Handle reflektiert!“
„Er/Sie reflektiert zu selten.“
Schon gehört? Schon gesagt? Was ist Reflektiertheit, was bedeutet Reflexion?
Reflexion bedeutet, über Situationen, eigenes und fremdes Verhalten gründlich nachzudenken. Dabei ist wichtig, dass das Nachdenken von mehreren Seiten geschieht und da ist ein kritischer Blick auf sich selbst durchaus erwünscht.
Wir wissen aus der Psychologie, den Neurowissenschaften, Soziologie, Pädagogik und Philosophie, dass wir Menschen dazu neigen, die eigene Herangehensweise an Probleme zu bevorzugen. Diese Haltung bedingt einen relativ selbstgefälligen Blick auf das eigene Handeln zu werfen.
Der Vorteil: Wir handeln vorerst sicher und zielbewusst.
Der Nachteil: Erst später, wenn nicht zu spät, fällt unser Blick auf das Umfeld anderer Personen und Gegebenheiten, deren Bedingungen wir nicht berücksichtigt haben.
Zweiter großer Nachteil: Weil wir uns selbstgefällig betrachten, hat sich mittlerweile eine narzisstische Haltung entwickelt, die die Fähigkeit zur Selbstkritik lähmt.
So weit noch keine große Sache, außer wir „spekulieren“ damit, dass die anderen brav unseren „Vorstellungen“ folgen. Tun sie das nämlich nicht, bricht unser selbstverliebtes Kartenhaus schnell zusammen und wir stehen im Regen. Besonders in der Beziehung zu anderen, für uns – auch erst auf den zweiten Blick – wichtigen Menschen gerät das zum Nachteil. Die Menschen reagieren nämlich nicht gut auf Narzissten mit Hang zur Blindheit. Sie rächen sich dann – wenigstens ein bisschen.
Besser wäre es, vor allem in Konfliktsituationen, rechtzeitig den kritischen Blick auf sich selbst zu schärfen und anderen die späte Kritik vorwegzunehmen. Zugegeben, dazu gehört Mut. Das aber macht eine reife Persönlichkeit aus. Übrigens: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass gerade Menschen, die sich gerne und schnell als „sozial kompetent“ bezeichnen, gerade das NICHT sind. Warum? Ihnen fehlt schlicht die Fähigkeit, soziale Kompetenz zu beurteilen. Sie sind demnach lediglich ihr eigener Maßstab. Könnten sie nämlich soziale Kompetenz beurteilen, wären sie laut Wissenschaftlern weitaus bescheidener, frei nach dem Motto: Ich weiß, dass ich nichts weiß.
Buchtipp: Selbstreflexion als soziale Kernkompetenz von Urs Weth